Kreativität gilt weithin als Persönlichkeitsmerkmal, das man hat oder eben nicht. Dass Kreativität jedoch durchaus trainierbar ist, wissen die wenigsten. Interessierte können während der Langen Nacht der Forschung heuer in Graz an sich selbst testen, wie gut sie im Produzieren ungewöhnlicher und neuartiger Gedanken tatsächlich sind und wie man mit einem computerbasierten Trainingsprogramm die Flexibilität im Denken stimulieren kann. Auch für Spinnen-Phobiker dürfte es ein interessanter Abend werden: Denn die Grazer Neuropsychologen zeigen nicht nur, was sich in den Augenblicken der größten Angst im Gehirn abspielt, sondern geben auch Einblicke in die Therapiemöglichkeiten. Damit die komplexe Welt der Phobien nicht zu theoretisch wird, ist wohl auch eine Spinne dabei.

Besonders interessant für Kinder mit einer Lese-Rechtschreib-Schwäche sowie ihre Lehrer und Eltern ist, wie berichtet, die Demonstration des neuen Trainingsprogramms "Morpheus". Untersuchungen mit bildgebenden Verfahren haben gezeigt, dass sich durch dieses Lese-Rechtschreib-Training Gehirnaktivität und -struktur positiv verändern und sich so die Rechtschreibung in relativ kurzer Zeit nachhaltig verbessern lässt.

Um eine Vorstellung von der Funktionsweise des menschlichen Gehirns zu vermitteln, von den einzelnen Regionen, ihren Aufgaben und ihrer Aktivierung bei bestimmten Tätigkeiten und Gefühlen, haben die Wissenschafter und Wissenschafterinnen auch einen kleinen, kompakten "Anatomiekurs" für ihre Besucher vorbereitet.

Wo Männer bei Frauen hinschauen - und umgekehrt

Auf ihre Kosten kommen werden auch all jene, die über Blickbewegung und Pupillengröße und etwas über das Denken und Fühlen ihrer Mitmenschen erfahren möchten. Wo blicken beispielsweise Männer hin, wenn sie Bilder von Frauen betrachten? Oder Frauen, wenn sie sich Männerfotografien anschauen? Und wie interpretieren Psychologen diese Augenbewegungen?

Neben dem "Wunderwerk Gehirn" gewähren die Forscher und Forscherinnen der Grazer Karl-Franzens-Universität zudem Einblicke in ihre molekularbiologischen Labors, wo sie ihren Besuchern unter anderem Rezepte der molekularen Küche verraten. Um das große Thema Klimaforschung zu diskutieren, können sich die Besucher und Besucherinnen zum Speed-Dating mit Experten verabreden oder an einem Mülltrenn-Spiel teilnehmen. (Doris Griesser, DER STANDARD, 25.4.2012)